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Einstweilige Verfügung gegen Amazon wegen unbegründeter Händlersperrung
Sperrt Amazon ein Verkäuferkonto, muss der Online-Händler die Gründe für die Sperrung schlüssig darlegen. Diese Auffassung vertrat das Landgericht München in einem aktuellen einstweiligen Verfügungsverfahren.

29. März 2021

Amazon Sperre
(Bild: Pete Linforth auf Pixabay)

Anfang Dezember 2020 teilte Amazon einer Online-Händlerin per E-Mail mit, dass ihr Verkäuferkonto deaktiviert sei. Auch alle Angebote wurden von der Website entfernt und das Guthaben bis auf Weiteres eingefroren.  

Ohne weitere Details zu nennen, begründete Amazon dies damit, dass die Händlerin Kundenrezensionen für ihre Produkte manipuliert habe. Gegen diese Entscheidung des amerikanischen Online-Riesen beantragte die Händlerin, die nach eigenen Angaben einen Umsatz von rund einer Million Euro pro Jahr erzielt, Rechtsschutz in Form einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht München I. Ihre außergerichtlichen Versuche wieder Zugriff erhalten, waren zuvor gescheitert. 

LG München I: Amazon hat eine „marktbeherrschende Stellung“ 

Die Münchner Richter gaben dem Antrag der Händlerin am 14. Januar 2021 statt. Sie erließen eine einstweilige Verfügung, mit der Amazon verpflichtet wird, das Konto, das Guthaben und die Angebote der Händlerin wieder freizugeben.

Während andere deutsche Landgerichte bereits die Rechtswidrigkeit einer Kontosperrung durch Amazon festgestellt haben, bezieht sich die vom Landgericht München I erlassene einstweilige Verfügung nun ausdrücklich auf das Kartellrecht (§§ 33, 19 GWB): Das Gericht war der Auffassung, dass Amazon auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt – nämlich dem der Bereitstellung von Dienstleistungen von Online-Marktplätzen für Online-Händler – eine marktbeherrschende Stellung inne hat.

Amazon muss beweisen, dass seine Sperre gerechtfertigt ist

Das Gericht hat hierfür den Anscheinsbeweis ausreichen lassen. Dieser basiert auf den umfangreichen Ermittlungen des Bundeskartellamts und der EU-Kommission innerhalb der letzten Jahre. Amazon muss daher bei der Aufnahme und Beendigung von Geschäftsbeziehungen ein diskriminierungsfreies, auf objektiven Erwägungen beruhendes Verhalten nachweisen.  

Dies ist ein Novum für die Plattform, die sich bisher der Einstufung als „marktbeherrschend“ immer erfolgreich entziehen konnte. Was bleibt, ist ein Sieg für die Online-Händler. Ihre Rechte sind durch die Entscheidung nachhaltig gestärkt worden. Um die oftmals existenzbedrohende Situation einer unberechtigten Sperre schnellstmöglich zu beenden, stehen betroffenen Händlern somit nun mehr Möglichkeiten offen. Gerade eine schnelle gerichtliche Durchsetzung kann hier essenziell sein. 

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