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Presseartikel als wettbewerbswidrige Schleichwerbung?
Das OLG Frankfurt a.M. hat festgestellt, dass ein Zeitungsartikel, der die Pressemitteilung eines Unternehmers nahezu wortwörtlich wiedergibt, wettbewerbswidrig ist.

3. März 2021

Schleichwerbung Presseartikel
(Bild: Andrys Stienstra)

Ein Geschäftsmann gab eine Pressemitteilung über die Spendenaktionen seines Unternehmens heraus. Darin wurden sowohl der Geschäftsführer des Unternehmens als auch ein Lokalpolitiker wörtlich in ihren Aussagen zitiert. Die Pressemitteilung rückte das Unternehmen dadurch in ein sehr positives Licht.

Kurz danach veröffentlichte eine Lokalzeitung einen Bericht, in dem die entsprechende Pressemitteilung des Unternehmens fast wortwörtlich wiedergegeben wurde. Ein Mitbewerber klagte deshalb wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht. 

Bei Schleichwerbung: Berufung auf die Pressefreiheit unzulässig 

Der Ansicht der Mitbewerberin folgte nun das Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Dieses stufte den entsprechenden Artikel in seinem Urteil vom 22. August 2019 (Az. 6 W 64/19) als wettbewerbswidrige unzulässige Schleichwerbung ein. 

Zwar sei redaktionelle Berichterstattung grundsätzlich von der Pressefreiheit gedeckt. Dies sei jedoch nur der Fall, wenn diese objektiv sei und sachliche Information darstelle. Im streitigen Fall sei diese Grenze aber klar überschritten worden. Denn der Bericht sei eine fast wortgleiche Übernahme der Pressemitteilung des Unternehmens und stelle dieses dadurch in einem überzogenen Maße positiv dar. Die Richter stellten deshalb fest, dass der Bericht klar einen kommerziellen Zweck verfolge. Nämlich die Förderung des Absatzes des entsprechenden Unternehmens. 

Kennzeichnung als Anzeige oder Werbung nötig

Weiter sei für den Leser nicht ersichtlich, dass es sich in Wahrheit um eine Pressemitteilung des entsprechenden Unternehmens handelt. Denn der Zeitungsartikel habe insbesondere durch Zitate den Eindruck erweckt, Journalisten der Lokalzeitung hätten mit den erwähnten Protagonisten Interviews geführt. Der Artikel hätte daher als Anzeige oder Werbung gekennzeichnet werden müssen.  

Weil dies aber unterblieb, so stellten die Richter fest, lag eine geschäftlichen Handlung vor, dessen kommerzieller Zweck nicht kenntlich gemacht wurde. Gleichzeitig sei dieser geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Das Verhalten der Lokalzeitung sei deshalb nach § 5a Abs. 5 UWG als unlauter und damit wettbewerbswidrig einzustufen.

Presseartikel und Werbung: Konsequent trennen

Bei redaktioneller Berichterstattung ist daher darauf zu achten, dass die Schwelle zur wettbewerbswidrigen Schleichwerbung nicht überschritten wird. Auch bei „wohlwollender“ oder „positiver“ Berichterstattung sollte daher eine sachliche Distanz zum Gegenstand der Berichterstattung gewahrt werden. Auch dessen Eigenlob – sofern vorhanden – sollte nicht wörtlich übernommen werden. Andernfalls kann eine Kennzeichnung als Werbung notwendig werden. 

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Die Autoren der Beiträge bei wettbewerb.law sind Rechtsanwälte der Kanzlei Tölle Wagenknecht aus Bonn und u.a. im Wettbewerbsrecht tätig. Erfahren Sie mehr über uns oder die Kanzlei, indem Sie Kontakt zu uns aufnehmen.

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