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Telefonwerbung – Werbender trägt Beweislast für vorherige Einwilligung
OLG München: Die Beweislast für das Vorliegen der vorherigen Einwilligung für Telefonwerbung trägt stets der werbende Anrufer.

1. August 2017

Telefonwerbung Beweislast
(Bild: © pictworks - Fotolia.com)

Unternehmen, die mit Telefonanrufen werben, tragen die Beweislast für das Vorliegen der vorherigen Einwilligung des umworbenen Kunden. Dies entschied das OLG München mit Entscheidung vom 26. Januar 2017 (Az.: 29 U 3841/16). Damit misst das Gericht der Aussage einer Rechtsanwältin, die sich gegen die Telefonwerbung zur Wehr setzte, mehr Bedeutung zu als dem werbenden Unternehmen.

Werbendes Unternehmen gelangte ohne Einwilligung an Telefonnummer 

Die beiden am Verfahren teilnehmenden Unternehmen vermitteln normalerweise Strom und Gasverträge. Das werbende Unternehmen erhielt im Rahmen von Geschäftsbeziehungen persönliche Daten der Zeugin, welche bei dem Unternehmen als Rechtsanwältin tätig war. Dazu zählte auch ihre private Mobilfunknummer.

Ein Werbeanruf mit wirtschaftlichem Interesse

Einige Zeit später erhielt eben diese Rechtsanwältin einen telefonischen Werbeanruf, in dem ihr ein Drittunternehmen als Stromlieferant beworben wurde. Das Telefonat zielte auf den Abschluss eines entsprechenden Stromliefervertrags ab.

Gegen die Telefonwerbung ging die Rechtsanwältin gemeinsam mit Ihrem Unternehmen vor und erwirkte vor dem Landgericht Augsburg (Urteil v. 25.08.2016 – 1 HK O 1485/16) eine einstweilige Verfügung. Damit wurde das werbende Unternehmen dazu verpflichtet, die Rechtsanwältin zu Zwecken des Wettbewerbs nicht mehr telefonisch anzurufen um sie so von Ihren Produkten zu überzeugen.

Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung hatte zunächst Erfolg

Gegen diese Verfügung ging das werbende Unternehmen sodann allerdings im Wege des Widerspruchs vor. Es trägt vor, die Rechtsanwältin habe im Rahmen eines im Internet veranstalteten Gewinnspiels unter www.gewinne-ein-iphone.de in die Telefonwerbung eingewilligt. Die im Rahmen des Gewinnspiels gesammelten Daten wurden durch das so genannte Code-Ident-Verfahren generiert. Dazu werde dem Gewinnspielteilnehmer ein sechsstelliger Code per SMS auf sein Mobiltelefon zugesendet. Diesen muss der Gewinnspielteilnehmer sodann als Bestätigung seiner Einwilligung auf der Gewinnspielseite eintragen.

Nach der mündlichen Verhandlung im Widerspruchsverfahren, in dem unter anderem die Parteien als Zeugen vernommen wurden, hat das Landgericht die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag auf deren Erlass zurückgewiesen (Urteil v. 25.08.2016 – 1 HKO 1485/16).

Berufung vor dem OLG München erfolgreich

Gegen dieses Urteil wiederum richtete sich die Rechtsanwältin mit ihrer Berufung. Sie wiederholte und vertiefte ihr Vorbringen des ersten Rechtszugs und beantragte, das landgerichtliche Urteil aufzuheben.

Telefonwerbung: Die Beweislast obliegt dem werbenden Unternehmen

Das OLG München folgt in ganzer Linie den Ausführungen der Rechtsanwältin. Es geht im Ergebnis davon aus, dass der Telefonanrufer der Beklagten ohne vorherige Einwilligung der Rechtsanwältin erfolgte. Damit liege eine unzumutbare Belästigung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG vor, die zukünftig zu unterlasen sei.

Nach Würdigung der Beweismittel und Zeugenaussagen sei die Aussage der Rechtsanwältin weitaus glaubwürdiger. Die Beweislast für das Vorliegen der ausdrücklichen Einwilligung obliege dem werbenden Unternehmen. Soweit dieser Beweis nicht glaubhaft und detailliert geführt werde, müsse den Ausführungen der Rechtsanwältin gefolgt werden.

Diese habe sich zum Zeitpunkt der „angeblichen“ Gewinnspielteilnahme in einer Besprechung befunden und ihr privates Mobiltelefon nicht bei sich gehabt. Auch wisse die Anwältin um die Folgen einer Einwilligung in solche Werbemaßnahmen und hätte aufgrund dessen niemals eingewilligt. Spätestens im Code-Ident-Verfahren hätte sie die „Reißleine gezogen“ und keine weiteren Daten mehr von sich preisgegeben.

Zusätzlich wisse die Rechtsanwältin um die straf- und berufsrechtlichen Folgen einer Falschaussage vor Gericht. Diese Gefahr würde sie nach Ansicht des OLG für einen Prozess mit einer solch geringen Bedeutung nicht eingehen.

Gerade Gewinnspielbetreiber haben Interesse an der Verwertung von Daten, die sie auch ohne Einwilligung erhalten haben

Zusätzlich erscheint es glaubhaft, dass der Betreiber der Gewinnspielseite ein sehr großes wirtschaftliches Interesse daran habe, möglichst viele Kontaktdaten zu verkaufen. Dies könne ihn auch dazu verleiten, Daten zu verwerten, die er ohne Einwilligung zu einer Verwendung für Werbezwecke erhalten habe.

Das Urteil des OLG München zeigt, dass sich ein Vorgehen gegen Telefonwerbung lohnt. Das Unternehmen wurde dazu verpflichtet, die Daten der Rechtsanwältin in Gänze zu löschen. Weitere Werbeanrufe habe die Rechtsanwältin damit nicht mehr zu befürchten. Auch die Kosten für den Rechtsstreit muss sie nicht selbst tragen, sondern das werbende Unternehmen.

Werbende Unternehmen sollten zukünftig die Einwilligungen sorgsam dokumentieren

Werbenden Unternehmen sei derweil an die Hand gegeben, alle ausdrücklichen Einwilligungen sorgsam zu dokumentieren. Eine bloße Behauptung dieser ist nicht ausreichend.

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Die Autoren der Beiträge bei wettbewerb.law sind Rechtsanwälte der Kanzlei Tölle Wagenknecht aus Bonn und u.a. im Wettbewerbsrecht tätig. Erfahren Sie mehr über uns oder die Kanzlei, indem Sie Kontakt zu uns aufnehmen.

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