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Werbung ohne Flaschenpfand – Für Getränke muss nicht mit einem Gesamtpreis inklusive Flaschenpfand geworben werden

14. April 2020

Kurznachrichten Wettbewerbsrecht

(Bild: BrianAJackson)

Der Wettbewerbsverband hatte die Beklagten dazu verpflichten wollen, bei der Werbung mit pfandpflichtigen Getränken den Gesamtpreis inklusive Pfand anzugeben. Das Landgericht Köln hatte die Klagen in zwei parallel geführten Verfahren abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln mit Urteilen vom 06.03.2020 zurückgewiesen. Der Kläger war der Auffassung, die Beklagten seien verpflichtet, bei der Bewerbung von Getränken einen Gesamtpreis einschließlich des Pfandes anzugeben. Soweit nach § 1 Abs. 4 der Preisangabenverordnung (PAngV) gerade kein Gesamtbetrag zu bilden sei, dürfe die Vorschrift mangels Grundlage im Recht der Europäischen Union nicht mehr angewendet werden. Dies ergebe sich aus Art. 7 Abs. 4 lit c) und Art. 3 Abs. 5 der europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.

Dieser Auffassung folgte der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln nicht. Nach deutschem Recht – § 1 Abs. 4 PAngV – sei die Einbeziehung des Pfandes in den Gesamtpreis unzulässig. Es könne keinen lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch auslösen, dass die Beklagten das deutsche Recht eingehalten hätten. Zwar habe die deutsche Vorschrift keine Grundlage im Recht der Europäischen Union. Sie sei jedoch geltendes deutsches Recht und daher vom Gericht gerade auch im Hinblick auf das in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes niedergelegte Rechtsstaatsprinzip anzuwenden. Der deutsche Gesetzgeber habe trotz der geltend gemachten Bedenken bis heute keine Veranlassung gesehen, die Preisangabenverordnung zu ändern. Das Gericht sei an das geltende Recht gebunden und nicht befugt, eine bestehende Vorschrift zu ignorieren. Es könne sich insbesondere nicht aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz bewegen. EU-Richtlinien hätten keine unmittelbare Geltung in den EU-Mitgliedsstaaten und eine richtlinienkonforme Auslegung von § 1 Abs. 4 PAngV sei nicht möglich.

Darüber hinaus ist der Senat aber auch der Auffassung, dass die Vorschrift des § 1 Abs. IV der PAngV außerhalb des vollharmonisierten Regelungsbereichs der europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken stehe und vom deutschen Gesetzgeber nicht gestrichen werden musste. Die Vorschrift verfolgt den umweltpolitischen Zweck, Benachteiligungen von Mehrweggebinden gegenüber Einweggebinden bei der Preisangabe zu vermeiden, weil andernfalls Mehrwegflaschen teurer erschienen. Der Senat betont auch, dass die Preisauszeichnung gemäß § 1 Abs. 4 PAngV die Interessen der Verbraucher wahrt und gerade nicht spürbar beeinträchtigt. Die separate Auszeichnung von Warenpreis und zu zahlendem Pfand sei nicht nur marktüblich, sondern auch in hohem Maße transparent. Sie trage erheblich dazu bei, Rechenfehler bei der Ermittlung des relevanten Warenpreises ohne Pfand zu vermeiden. Der Auffassung einiger Landgerichte, wonach § 1 Abs. 4 PAngV nicht mehr angewendet werden dürfe, sei nicht zu folgen. Es gebe keine tragende Begründung für die Forderung, geltendes Recht zu ignorieren (Pressemitteilung des OLG Köln zu Urteil v. 6. März 2020, Az.: 6 U 89/19).

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