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OLG Karlsruhe: „Tap tags“ begründen Kennzeichnungspflicht als Werbung
Zu der Frage, wann man Beiträge auf Instagram als Werbung behandeln muss, hat das OLG Karlsruhe nun eine Meinung hinzugefügt, die Influencer kennen sollten.

3. Oktober 2020

tap tags
(Bild: jchizhe)

Nachdem die Influencerin Pamela Reif schon vor dem LG Karlsruhe (Urteil v. 21. März 2019, Az.: 13 O 38/18 KfH) eine Niederlage erlitten hatte, ist auch ihre Berufung gescheitert. Der 6. Zivilsenat des OLG Karlsruhe bestätigt die Auffassung des Klägers, dass die Influencerin unlauter gehandelt hat, weil sie verschiedene Instagram-Beiträge nicht als Werbung gekennzeichnet hatte (Urteil v. 9. September 2020, Az.: 6 U 38/19). Konkret wirft der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) Reif vor, dass sie gegen § 5a Abs. 6 UWG verstoßen habe.

Die Nutzung von „tap tags“ stellt eine geschäftliche Handlung dar

Der erste größere Streitpunkt war bereits die frage, ob die Nutzung von sog. „tap tags“ überhaupt eine geschäftliche Handlung darstellt. Dabei werden diese vom OLG wie folgt beschrieben:

„Tap tags sind anklickbare Bereiche aus dem Bild selbst, die erst sichtbar werden, wenn das Bild einmal angeklickt wird, und die Verknüpfungen zu anderen Instagram-Accounts enthalten. Klickt der Nutzer sodann auf einen sichtbar gewordenen tap tag, so gelangt er auf den Instagram-Account des Herstellers oder des Anbieters der verlinkten Produkte.“

Pamela Reif vertrat hier die Ansicht, diese tap tags seien lediglich eine private Meinungsäußerung. Denn sie wolle vor allem Nachfragen ihrer Follower zuvor kommen. Dies sah das Gericht jedoch anders: Jedenfalls bei einem Instagram-Business-Account und tausenden Followern würde sowohl hinsichtlich der eigenen Tätigkeit als Influencerin, als auch hinsichtlich der getaggten Unternehmen, ein Unternehmensbezug bestehen. Ziel sei es, sowohl den eigenen Wert als Influencer, als auch den Umsatz der getaggten Unternehmen zu steigern.

Werbung ist nicht unmittelbar erkennbar – Kennzeichnung muss sein

Eine Werbekennzeichnung könnte aber dennoch vermeidbar sein, wenn für Nutzer der werbliche Charakter unmittelbar erkennbar wäre. Zuletzt hatte beispielsweise das LG München I in dieser Frage eine ganz andere Entscheidung getroffen (Urteil v. 29. April 2019, Az.: 4 HK O 14312/18): Nach Ansicht der Richter wären Verbraucher inzwischen an Influencer-Marketing derart gewöhnt, dass jeder bei einem Instagram-Profil mit blauem Haken und tausenden Followern sofort wüsste, dass die Beiträge kommerziell sein müssten.

Diese Ansicht teilen die Richter am OLG Karlsruhe explizit nicht. Zwar wüssten auch Kinder und Jugendliche, dass und wie große Influencer ihr Geld verdienen, sodass die Eigenwerbung offensichtlich und damit nicht kennzeichnungspflichtig sei. Anders sei dies jedoch hinsichtlich des Werbeeffekts für die Drittunternehmen. Denn Influencer hätten gerade auch deshalb eine solche Wirkmacht, weil sie (bis zu einem gewissen Punkt) als „authentisch“ und als „einer von ihnen“ wahrgenommen werden. Es werden private und kommerzielle Produkte und Erlebnisse vermischt, sodass gerade nicht mehr offenkundig ist, wann ein kommerzieller Zweck vorliege.

Revision zugelassen: Tap tags werden wohl vor dem BGH verhandelt

Weil die Rechtsprechung, auch bei den Oberlandesgerichten, weiterhin sehr uneinheitlich ist, wurde die Revision zum BGH zugelassen. Es ist sehr zu hoffen, dass dieser Weg auch beschritten wird, um ein wenig mehr Rechtsicherheit und Klarheit zu erhalten. Solange sollten Influencer alle Beiträge, die mit tap tags versehen sind, konsequent als Werbung kennzeichnen. Unabhängig davon, ob sie für den Beitrag Geld oder sonstige Zuwendung erhalten haben oder dies allein aus eigenem Antrieb tun.

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Die Autoren der Beiträge bei wettbewerb.law sind Rechtsanwälte der Kanzlei Tölle Wagenknecht aus Bonn und u.a. im Wettbewerbsrecht tätig. Erfahren Sie mehr über uns oder die Kanzlei, indem Sie Kontakt zu uns aufnehmen.

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