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Der Mitbewerber im Wettbewerbsrecht
Ob man im Wettbewerbsrecht Mitbewerber eines anderen Unternehmers ist, ist für viele Folgefragen von Bedeutung. Ein Überblick.

12. März 2020

Mitbewerber Wettbewerbsrecht
(Bild: kenishirotie)

Im Wettbewerbsrecht wird nicht nur zwischen Unternehmern und Verbrauchern, sondern insbesondere auch nach Mitbewerbern und sonstigen (gewerblichen) Marktteilnehmern unterschieden. Das Wettbewerbsrecht hat grundsätzlich das Ziel, einerseits die Verbraucher vor unlauteren Handlungen zu schützen. Andererseits werden aber auch die Mitbewerber davor geschützt, dass ihre Konkurrenten sich einen unfairen – unlauteren – Vorteil im Wettbewerb verschaffen.

Der Begriff des Mitbewerbers im Wettbewerbsrecht

Die Legaldefinition eines Mitbewerbers befindet sich in § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Es handelt sich demzufolge um einen Unternehmer,

„der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht.“

§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG

Es gibt daher zwei zentrale Voraussetzungen: Zunächst muss es sich bei dem potenziellen Mitbewerber zwingend um einen Unternehmer handeln. Verbraucher können folglich niemals „Mitbewerber“ im Sinne des Wettbewerbsrechts sein.

Zum anderen muss zwischen den Beteiligten ein „konkretes Wettbewerbsverhältnis“ bestehen. Dies zeigt bereits sehr deutlich, dass der Mitbewerberbegriff niemals rein abstrakt festgestellt werden kann und relativ ist. Es braucht immer einen weiteren Unternehmer und eine eigene geschäftliche Handlung als Bezugspunkte, anhand derer ein konkretes Wettbewerbsverhältnis festgestellt werden kann. 

Dies führt dazu, dass ein Unternehmer A mit seiner geschäftlichen Handlung in Bezug auf Unternehmer B Mitbewerber sein kann, hinsichtlich Unternehmer C jedoch nicht. Bei einer anderen geschäftlichen Handlung kann die Situation sogar umgekehrt sein. Es handelt sich folglich immer um eine Frage des Einzelfalles. Trotzdem gibt es Grundsätze, an denen man sich orientieren kann.

Mitbewerber nur bei „konkretem Wettbewerbsverhältnis“

Als erster Grundsatz lässt sich festhalten: An die Voraussetzung eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zwischen zwei Unternehmern sind grundsätzlich keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Urteil v. 19. April 2018 – Az.: I ZR 154/16). Dies soll der wirksamen Durchsetzung der lauterkeitsrechtlichen Normen und damit dem Schutz des Wettbewerbsrechts insgesamt dienen. Zugleich spielt es immer auch eine Rolle, welchen Zweck die jeweilige Norm verfolgt, die den Begriff des Mitbewerbers verwendet und damit eine Mitbewerbereigenschaft voraussetzt. So kann es selbst zwischen verschiedenen Normen des UWG leichte Unterschiede geben.

Das konkrete Wettbewerbsverhältnis wird immer anhand einer konkreten geschäftlichen Handlung in Relation zwischen zwei bestimmten Unternehmern festgestellt. Dabei ist zum einen unerheblich, ob die beiden Unternehmer unterschiedlichen Branchen angehören, denn auch hier kann es zu einem Wettbewerbsverhältnis kommen (z.B. zwischen Kfz-Sachverständigen und Haftpflichtversicherern, wenn diese auch Sachverständigengutachten anbieten, vgl. OLG Nürnberg, Hinweis v. 20. November 2006 – 3 U 1838/06). 

Zum anderen ist auch unerheblich, ob beide Unternehmer auf unterschiedlichen Wirtschaftsstufen arbeiten. So können z.B. auch der Hersteller von Produkten und der Händler, der diese Produkte an Endverbraucher verkauft, Mitbewerber sein. Denn häufig werden auch die Hersteller selbst z.B. Werbung für ihre Produkte schalten. Sogar dann, wenn sie selbst gar nicht an Endverbraucher verkaufen. Trotzdem sind die Endverbraucher mittelbar auch die Zielgruppe des Herstellers. Bejaht wurde die Mitbewerbereigenschaft daher beispielsweise zwischen dem Produzenten einer Fernsehsendung und einem Fernsehsender (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 2000 – I ZR 282/97).

Verschiedene Arten des Wettbewerbs zwischen Mitbewerbern

Bei der Frage nach der Mitbewerbereigenschaft kann zwischen drei Arten von Wettbewerb unterschieden werden:

  • Nachfragewettbewerb
  • Substitutionswettbewerb
  • Behinderungswettbewerb

Zum Nachfragewettbewerb kommt es insbesondere bei knappem Angebot und Situationen, in denen sich Unternehmer dieses Angebot mit unlauteren Methoden sichern wollen. Dazu zählt auch die Nachfrage nach Arbeitskräften und insbesondere der Fall der Abwerbung von Mitarbeitern anderer Unternehmer unter unlauterer Verleitung zum Vertragsbruch. Bei der Nachfrage nach Arbeitskräften können dabei auch Unternehmen miteinander in Wettbewerb stehen, die ansonsten in keinem Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen.

Der Substitutionswettbewerb beschreibt hingegen eine Situation, in der gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endabnehmerkreises abgesetzt werden sollen. Maßgeblich ist daher die Frage, ob die Leistungen der beiden Unternehmen aus Sicht der Endabnehmer (üblicherweise der Verbraucher) substituierbar sind. Dies ist der Fall, wenn die Produkte für einen nicht unerheblichen Teil der Endabnehmer in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht austauschbar sind. Das ist nicht abstrakt festzustellen, sondern immer anhand der konkreten geschäftlichen Handlung, um die es im zugrundeliegenden Fall geht.

Ein Behinderungswettbewerb hingegen kann auch dann vorliegen, wenn die beteiligten Unternehmen gerade keine austauschbaren Produkte anbieten, deren geschäftliche Handlungen aber den Absatz des anderen beeinträchtigen. Es muss also eine Wechselwirkung zwischen der Förderung des eigenen Wettbewerbs einerseits und der Beeinträchtigung des Wettbewerbs des Dritten andererseits bestehen. Dies ist der Fall, wenn die Produkte des handelnden Unternehmers einen wettbewerblichen Bezug zu Produkten eines anderen Unternehmers aufweisen und mit der Förderung des eigenen Absatzes die Beeinträchtigung des fremden Absatzes einhergehen kann.

Förderung fremden Wettbewerbs kann zur Mitbewerbereigenschaft führen

In Fällen, in denen ein Unternehmen den Wettbewerb eines anderen durch seine geschäftliche Handlung fördert, kommt es für die Beurteilung der Mitbewerbereigenschaft nicht auf den Fördernden, sondern auf das geförderte Unternehmen an. Beispiele sind hier nicht nur Werbepartner, sondern z.B. auch Berufsverbände, die ihre Mitglieder unterstützen wollen. Die Mitbewerber eines derart geförderten Unternehmens sind dann nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG berechtigt, gegen den Förderer vorzugehen.

Umgekehrt ist ein Vorgehen des Förderers gegen Mitbewerber des von ihm geförderten Unternehmens nicht möglich. Ihm selbst fehlt es an der Mitbewerbereigenschaft. Daran ändert es auch nichts, dass der Förderer durchaus eigene Interessen haben kann, z.B. mit Provisionen am Umsatz des geförderten Unternehmens beteiligt wird.

Potenzielle Mitbewerber im Wettbewerbsrecht ebenfalls teilweise geschützt

Die Rechtsprechung hat darüber hinaus anerkannt, dass auch Unternehmer als (potenzielle) Mitbewerber geschützt sein können, die ihren Markteintritt (auch z.B. nur in einem bestimmten Segment) gerade erst vorbereiten. Es muss aber schon konkrete Schritte geben, die einen solchen Marktzutritt wahrscheinlich machen. Allein die grundsätzliche Möglichkeit eines späteren Marktzutritts reicht hierfür nicht aus.

Der Schutz von potenziellen Mitbewerbern wird auch nur eingeschränkt gewährt. So soll dieser grundsätzlich nur für Fälle des Schutzes vor unlauteren Handlungen gem. § 4 UWG gelten, die einen Marktzutritt des potenziellen Mitbewerbers erschweren oder sogar vollständig verhindern. Bei allen anderen Verstößen gegen das Lauterkeitsrecht muss ein Mitbewerber den Marktzutritt zum Zeitpunkt der Verletzung bereits absolviert haben.

Sonstige Marktteilnehmer sind keine Mitbewerber im Wettbewerbsrecht

Wer weder Mitbewerber noch Verbraucher ist, wird häufig als sonstiger Marktteilnehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG anzusehen sein. Das sind, 

„neben Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind.“

§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG

Die sonstigen Marktteilnehmer werden beispielsweise im Rahmen des Rechtsbruchverbots oder des Irreführungsverbots genannt. Damit soll erreicht werden, dass auch Abnehmer und Anbieter von Produkten nach diesen Vorschriften geschützt werden, die keine Verbraucher sind. Das betrifft beispielsweise juristische Personen des öffentlichen Rechts, Verbände und andere Organisationen.

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Ihre Autoren

Die Autoren der Beiträge bei wettbewerb.law sind Rechtsanwälte der Kanzlei Tölle Wagenknecht aus Bonn und u.a. im Wettbewerbsrecht tätig. Erfahren Sie mehr über uns oder die Kanzlei, indem Sie Kontakt zu uns aufnehmen.

Kommentare

2 Kommentare

  1. Besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen einem Vermittlungsportal für Dienstleistungen gegen Provision und den Dienstleistern andererseits? Der eine bietet Vermittlungen an, die Leistungen selbst werden von Dritten angeboten.

    Antworten
    • Das wäre grundsätzlich denkbar, wenn beide sich mit ihren Dienstleistungen an den gleichen Adressatenkreis wenden und sich wechselseitig im Absatz behindern können und deshalb austauschbar erscheinen. Hierzu evtl. interessant: BGH, Urt. v. 17.10.2013, I ZR 173/12, Tz. 24 – Werbung für Fremdprodukte; BGH, Urt. v. 21.04.2016, I ZR 151/15, Tz. 16f – Ansprechpartner & BGH, Urt. v. 06.06.2019, I ZR 67/18, Tz. 25 – Erfolgshonorar für Versicherungsberater.

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