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Verleiten zum Vertragsbruch im Wettbewerbsrecht
Das Verleiten zum Vertragsbruch gegenüber einem Mitbewerber ist nach Auffassung deutscher Gerichte grundsätzlich als unlauter und damit als wettbewerbswidrig anzusehen. Ein Überblick.

14. April 2021

Vertragsbruch Wettbewerbsrecht
(Bild: Gerd Altmann auf Pixabay)

Der Bruch eines Vertrages, also die Nicht- oder Schlechterfüllung vertraglicher Pflichten, ist in der Regel kein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Dies liegt daran, dass ein Vertrag ausschließlich eine Angelegenheit zwischen den jeweiligen Parteien ist. Dritte haben mit diesem Rechtsverhältnis nichts zu tun. 

Verleiten zum Vertragsbruch nach Auffassung der Gerichte wettbewerbswidrig 

Dies soll nach Ansicht der Rechtsprechung jedoch anders sein, wenn ein Unternehmer einen Dritten dazu veranlasst, einen Vertrag mit einem Wettbewerber zu brechen. Dies wird auch als „Verleitung zum Vertragsbruch“ bezeichnet und im Grundsatz als wettbewerbswidrig angesehen. 

Konkret geht es um Fälle, in denen ein Kunde oder ein Mitarbeiter eines Unternehmens mithilfe eines Wettbewerbers einen Vertrag bricht. Der Schwerpunkt liegt in der Regel auf Verleitung zur Nichteinhaltung von Kündigungsfristen, Treue- und Ausschließlichkeitspflichten. Jedoch kommt die Verletzung jeder wesentlichen Vertragspflicht in Betracht. 

Erforderlich: Gezieltes und bewusstes Hinwirken auf Vertragsbruch 

Für die Annahme eines Verleitens zum Vertragsbruch ist nicht jede Förderung eines fremden Vertragsbruchs ausreichend. Vielmehr bedarf es nach ständiger Rechtsprechung eines gezielten und bewussten Hinwirkens auf einen Vertragsbruch mit einem Mitbewerber (vgl. OLG Nürnberg, Urt. v. 12. November 2019, 3 U 592/19).  

Eine Verleitung zum Vertragsbruch liegt also z. B. dann nicht vor, wenn der Veranlasser eines Vertragsbruchs keine Kenntnis von der vertraglichen Verpflichtung der anderen Partei mit dem Mitbewerber hatte (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 9. Mai 2003), oder wenn er einen Dritten lediglich in einem bereits gefassten Entschluss zum Vertragsbruch mit einem Mitbewerber bestärkt (vgl. OLG Frankfurt, 11. Juli 2013 – 6 U 87/12).  

Zulässig: Ausnutzung eines Vertragsbruchs 

Ebenfalls zulässig ist in der Regel das bloße Ausnutzen einer Vertragsverletzung. Diesem Grundsatz liegt erneut der Gedanke zugrunde, dass ein Vertrag ausschließlich eine Angelegenheit zwischen den jeweiligen Parteien ist. Der Vertrag soll daher grundsätzlich keine Rechtswirkungen (hier in Form eines Wettbewerbsverstoßes) gegenüber Dritten erzeugen (vgl. BGH, Urt. v. 11. September 2008, I ZR 74/06). 

Wann eine solche Ausnutzung ausnahmsweise doch als unlauter und damit als wettbewerbswidrig gilt und wie die bloße Ausnutzung eines Vertragsbruchs von einer Verleitung zum Vertragsbruch abzugrenzen ist, ist in der rechtswissenschaftlichen Literatur und der Rechtsprechung umstritten. 

Kritik an Rechtsprechung zum Vertragsbruch im Wettbewerbsrecht

Generell scheint sich die Literatur nur in wenigen Punkten mit der Rechtsprechung einig zu sein: Viele Autoren üben an der Einordnung der Verleitung zum Vertragsbruch als wettbewerbswidrig Kritik. Diese stützt sich vor allem darauf, dass ein Verleiten zum Vertragsbruch keine „geschäftliche Handlung“ im Sinne des UWG sei und damit auch nicht wettbewerbswidrig. 

Ob die Rechtsprechung sich dieser Kritik annimmt und damit von ihrer momentanen Praxis abweicht, ist ungewiss. Bis dahin ist als Unternehmer bei jedem Hinwirken auf einen fremden Vertragsbruch jedenfalls Vorsicht geboten. 

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Ihre Autoren

Die Autoren der Beiträge bei wettbewerb.law sind Rechtsanwälte der Kanzlei Tölle Wagenknecht aus Bonn und u.a. im Wettbewerbsrecht tätig. Erfahren Sie mehr über uns oder die Kanzlei, indem Sie Kontakt zu uns aufnehmen.

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