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Informationspflicht zu Herstellergarantien – Fallstrick für Online-Händler?
Haben Online-Händler auch eine Informationspflicht über Herstellergarantien? Die Frage ist rechtlich stark umstritten. Eine Zusammenfassung der Rechtslage.

6. April 2021

Informationspflicht Herstellergarantie
(Bild: athree23 auf Pixabay)

Händler sind nach § 312d BGB i. V. m. Art. 246a EGBGB verpflichtet, Verbrauchern vor Abgabe ihrer Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise Informationen über „das Bestehen und die Bedingungen von Garantien“ zur Verfügung stellen. Was darunter zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Gesetz nur teilweise.

Informationspflicht zur Herstellergarantie ergibt sich aus dem Verbraucherschutzrecht 

Nach § 479 BGB muss die entsprechende Belehrung einen Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers enthalten. Damit sind die Rechte des Verbrauchers gemeint, wenn die Ware mangelhaft ist. Also in der Regel Nacherfüllung, Rücktritt oder Minderung des Kaufpreises sowie Schadensersatz

Es muss außerdem darauf hingewiesen werden, dass diese Rechte nicht durch die Garantie eingeschränkt werden. Darüber hinaus ist der Unternehmer verpflichtet, über den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Informationen, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, zu informieren. Dazu gehört insbesondere die Dauer der Garantie, der räumliche Geltungsbereich sowie der Name und die Anschrift des Garantiegebers. 

Informationspflicht auch zu Herstellergarantien? 

Dass diese Informationspflicht für durch den Verkäufer gewährten Garantieversprechen gilt, ist sicher. Seit langer Zeit unklar ist jedoch, ob die Informationspflicht auch für sogenannte Herstellergarantien gilt. Bei einer solchen Garantie ist der Hersteller des Produkts in der Regel so von seinem Produkt überzeugt, dass er dem Käufer unabhängig vom Verkäufer und den gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften das Recht auf Reparatur oder Umtausch einräumt.  

Müssten Online-Händler den Verbraucher auch über solche Garantieversprechen belehren, würde dies neben einer erweiterten Informationspflicht vor allem eine erweiterte Nachforschungspflicht bei den jeweiligen Herstellern bedeuten. Dadurch würde sich für die Online-Händler das Risiko von Abmahnungen erheblich erhöhen. Denn fehlende oder falsche Angaben zu Garantien sind in der Regel wettbewerbswidrig. In der Vergangenheit war die Frage deshalb immer wieder Gegenstand von Gerichtsentscheidungen. 

Gerichte bejahen Informationspflicht zur Herstellergarantie teilweise 

So sind z. B. das Oberlandesgericht Hamm und das Landgericht Bochum davon ausgegangen, dass der Verkäufer eines Produktes in jedem Fall auch über Herstellergarantien informieren muss. Immerhin spricht der Gesetzeswortlaut lediglich von „Garantien“ und damit für eine umfassende bzw. erweiterte Informationspflicht. 

Dies steht im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Celle und Bamberg sowie zweier weiterer Landgerichte. Diese hatten eine Informationspflicht nur für den Fall bejaht, dass der Händler die jeweilige Garantie in seinem Verkaufstext erwähnt oder ausdrücklich bewirbt. Die Richter räumen zwar ein, dass der Wortlaut des Gesetzestextes durchaus die Annahme einer Informationspflicht über Herstellergarantien zulässt. Sie weisen aber auf den erheblichen Mehraufwand für die Händler und die damit verbundenen Risiken, etwa im Hinblick auf die Richtigkeit der Herstellerangaben, hin. Die Gerichte konnten sich bisher also noch nicht einig werden. 

BGH legt Frage zur Informationspflicht dem EuGH vor  

Der vor dem Oberlandesgericht Hamm entschiedene Fall liegt derzeit beim Bundesgerichtshof. Dieser hat das Verfahren ausgesetzt und die Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Gerichtshof soll u. a. klären, ob das bloße Vorhandensein einer Herstellergarantie eine entsprechende Informationspflicht auslöst oder ob die Informationspflicht nur durch die Erwähnung einer Herstellergarantie im Angebot des Händlers ausgelöst wird.  

Bis zur Entscheidung des Gerichts bleibt die Frage aber ungeklärt und damit ein potentieller Fallstrick für jeden Online-Händler. Im Zweifelsfall sollte die Belehrung so umfassend wie möglich sein und auch Hinweise auf Herstellergarantien enthalten. So kann das Risiko einer Abmahnung und damit einer rechtlichen Auseinandersetzung minimiert werden.

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Die Autoren der Beiträge bei wettbewerb.law sind Rechtsanwälte der Kanzlei Tölle Wagenknecht aus Bonn und u.a. im Wettbewerbsrecht tätig. Erfahren Sie mehr über uns oder die Kanzlei, indem Sie Kontakt zu uns aufnehmen.

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