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BGH zum Rechtsmissbrauch bei Gegenabmahnung
Eine Abmahnung ist nicht rechtsmissbräuchlich, weil sie eine Reaktion auf eine Abmahnung wegen eines vergleichbaren Verstoßes ist. Das hat der BGH entschieden.

30. August 2021

Gegenabmahnung Rechtsmissbrauch
(Bild: athree23 auf Pixabay)

Im Jahr 2014 mahnte ein auf einer bekannten E-Commerce-Plattform registrierter Händler einen Mitbewerber wegen der Verwendung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung ab. Dieser reagierte daraufhin mit einer Gegenabmahnung. Er machte geltend, der abmahnende Händler hätte Drucker und entsprechendes Zubehör angeboten, ohne die im Impressum angegebene Telefonnummer in die Widerrufsbelehrung aufzunehmen. 

Abgemahnter Internethändler sieht Rechtsmissbrauch in Gegenabmahnung  

Der Händler reagierte auf die Gegenabmahnung und den Vergleichsvorschlag nicht. Daher nahm ihn sein Mitbewerber auf Unterlassung in Anspruch. Er beantragte vor Gericht, dem Händler zu untersagen, weiterhin Drucker und Druckerzubehör über das Internet zu verkaufen, ohne dem Kunden eine Telefonnummer für den Widerruf zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus schlug er ihm einen Vergleich vor. 

Das zuständige Gericht gab der Unterlassungsklage des Internethändlers antragsgemäß statt. Nach der Berufung am Oberlandesgericht Hamm gelangte schließlich vor den Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Hier machte der auf Unterlassung verklagte Händler vor allem geltend, dass die Gegenabmahnung rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8c UWG (vormals § 8 Abs. 4 S. 1 UWG) und damit unzulässig sei.

Gegenabmahnung nur zur Kostenvermeidung? 

Nach § 8c UWG ist die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen rechtsmissbräuchlich, wenn sich der Gläubiger bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs von sachfremden Gesichtspunkten leiten lässt. Insbesondere unzulässig ist es, wenn die Geltendmachung in erster Linie dazu dient, einen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung gegen den Verletzer zu begründen.  

Genau dies rügte der beklagte Internethändler: Er führte aus, dass der Kläger eingeräumt habe, in Liquiditätsschwierigkeiten zu sein. Es liege daher auf der Hand, dass seine Abmahnung nur dazu diene, den berechtigten Kostenerstattungsansprüchen der Beklagten eigene Zahlungsansprüche entgegenzusetzen, um schließlich eine Zahlung zu vermeiden.  

Daneben habe die Gegenabmahnung der Vorbereitung eines Vergleichs gedient. Denn das Schreiben des Händlers habe keine konkrete Beschreibung des von der Klägerin geforderten Verhaltens enthalten. Außerdem sei in der Gegenabmahnung keine Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung formuliert worden.  

BGH hält Gegenabmahnung nicht für Rechtsmissbrauch 

Dieser Argumentation des Beklagten ist der BGH in seinem Urteil vom 21. Januar 2021 (Az.: I ZR 17/18) nicht gefolgt. Der Senat führte aus, der Umstand, dass der Kläger eine Gegenabmahnung ausgesprochen und die Erstattung der ihm dadurch entstandenen Kosten verlangt hat deute darauf hin, dass er nicht schlechter dastehen wollte als die Beklagte, die den Kläger zuvor abgemahnt hatte.  

Diese Motivation reicht nach Ansicht der Karlsruher Richter nicht für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs. Ebenso wenig ergäbe sich ein Rechtsmissbrauch aus dem Umstand, dass der gegenabmahnende Händler keine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt hat. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Händler seinen Konkurrenten nicht nur abgemahnt, sondern den Unterlassungsanspruch auch gerichtlich geltend gemacht habe.

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